Ergebnisse Bäckerei-Monitor-Deutschland 2025 NGG macht sich für Zukunft der Backwarenbranche stark

Berlin, 10. März 2025

Wie steht es um die Backwarenbranche in Deutschland? Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat dazu heute in Berlin die Ergebnisse des ersten „Bäckerei-Monitors“ vorgestellt. Es handelt sich um eine umfassende Branchenanalyse* und Beschäftigtenbefragung in Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung. Danach trifft der Strukturwandel in besonderer Weise das Bäckerhandwerk. Während dieses seit Jahren schrumpft, expandiert die Brotindustrie. Insgesamt hat die traditionsreiche Branche mit Herausforderungen zu kämpfen, aber es gibt auch viele positive Anzeichen.    

Während der Gesamtumsatz der Branche mit seinen 282.000 Beschäftigten infolge einer zunehmenden Dominanz von Großfilialisten und Brotindustrie auf 21,8 Milliarden Euro im Jahr 2023 gestiegen ist, hat die Zahl der Betriebe des Bäckerhandwerks allein in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent abgenommen. Seit 2014 sind insgesamt 20.000 Arbeitsplätze verlorengegangen. Gleichzeitig stieg der Anteil an Teilzeitkräften unter den sozialversicherungspflichtig Beschäftigen in der Branche von 30 auf 39 Prozent. Seit 2022 stabilisiert sich der Markt: Die Zahl der Beschäftigten hat zwar parallel zu der sich erholenden Geschäftsentwicklung vieler Betriebe bis 2024 insgesamt um 2.000 Beschäftigte zugenommen. Jedoch ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs seit 2022 weiter rückläufig (Minus 6.500), das Wachstum ist allein auf eine Zunahme von Minijobs zurückzuführen (Plus 8.500).

„Diese Entwicklung zeigt eine Verschiebung hin zu weniger stabilen und tendenziell schlechter abgesicherten Arbeitsverhältnissen. Diesen Trend sehen wir als Gewerkschaft kritisch und fordern die Arbeitgeber auf, zukunftsfähige Jobs mit Tarifbindung und guten Arbeitsbedingungen anzubieten“, sagt NGG-Vorsitzender Guido Zeitler.

Lichtblicke nach Abwärtstrend im Bäckerhandwerk

Doch es gibt aktuell Lichtblicke für den Handwerksberuf. Mehr junge Menschen wollen wieder in Bäckereien arbeiten: Bei den Bäcker:innen-Azubis  gab es 2024 ein Plus von 11,4 Prozent, bei den Fachverkäufer:innen im Bäckerhandwerk sogar von 22,5 Prozent. In den Jahren zuvor war die Zahl der Auszubildenden in der Branche hingegen stetig rückläufig. „Diese Entwicklung freut uns“, so Zeitler. „Der Tarifabschluss mit ordentlichem Vergütungsplus, den wir Ende Januar für die Auszubildenden im Bäckerhandwerk abschließen konnten, weist auch in die richtige Richtung. Bei den Arbeitgebern ist angekommen, dass sie attraktiver werden müssen - während und natürlich auch nach der Ausbildung.“

Beschäftigte beklagen hohe Arbeitsintensität

Laut Beschäftigtenbefragung werden Arbeitsintensität und körperliche Anforderungen insgesamt als hoch eingeschätzt. 86 Prozent der Befragten erleben oft bzw. sehr häufig Zeitdruck und Stress. Ebenfalls 86 Prozent berichten, dass oft oder sehr häufig Personal fehle. „Sehr hohe Belastungen, die u.a. auf den Personalmangel und auf Zeitdruck und Stress zurückzuführen sind, erleben vor allem Verkäufer*innen in Filialen“, berichtet Studienleiter Stefan Stracke von wmp consult. „Hier sind die Arbeitgeber gefragt, Maßnahmen zu ergreifen, um dem Fachkräftemangel entgegenzusteuern. Wir beobachten, dass einige Betriebe schon dabei sind, sich zu modernisieren und auf Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmenden eingehen. Aber gerade in diesem Bereich muss künftig noch viel mehr getan werden.“

Personal- und Fachkräftemangel: Zuwanderung als Chance

Nach Auskunft von Interviewten bleibt der Personal- und Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen in der Branche. Um Personal zu finden, haben einige Betriebe des Bäckerhandwerks ihren Suchradius bei der Rekrutierung von Auszubildenden nach Südostasien und Nordafrika ausgeweitet. Während sich die Zahl der Auszubildenden im Backgewerbe allein in den letzten zehn Jahren fast halbiert hat (2024: 8.500 Auszubildende), steigt sie bei Auszubildenden mit ausländischer Herkunft. Rund ein Viertel der Auszubildenden hat einen Migrationshintergrund, vor zehn Jahren waren es weniger als 9 Prozent.

Verlagerung von Nacht- auf Tagarbeit

Eine potenzielle Maßnahme, um die Arbeitsbedingungen und Attraktivität gerade des Bäckerhandwerks nachhaltig zu verbessern, wäre die Verlagerung von Prozessen von der Nacht- in die Tagproduktion“, so Stracke. Einige Betriebe, wie zum Beispiel das Fickenscher Backhaus, hätten dies schon erfolgreich umgesetzt. Helfen könne dabei zum Beispiel Schockfrostung und Gärunterbrechung sowie Veränderungen der Teigführung. „Dadurch können die Teige schon tagsüber vorbereitet und geknetet werden, nachts wird dann nur noch gebacken“, erläutert Stracke. Eine wesentliche Voraussetzung im Bereich klassischer Handwerksbäckereien sei der Einsatz moderner Kältetechnik. Laut Interviewten sei eine solche Verlagerung von Prozessen in der Breite aber eher noch selten zu beobachten. Auch hier gebe es jedoch eine Reihe von Beispielen, die über positive Erfahrungen berichten.

Guido Zeitler: „Wenn es der Branche insgesamt gelingt, ihr Arbeitgeberimage zu verbessern, Migration als Chance zu begreifen und bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, steht ihr eine noch lange und gute Zukunft bevor. Denn die Verbraucher:innen schätzen gutes Brot.“ Die NGG sieht sich hier genauso in der Verantwortung. Die Gewerkschaft wird dazu eine bundesweite Kampagne mit dem Titel „BACKEN WIR’S“ starten. Diese richtet sich an Beschäftigte und Interessierte der gesamten Backwarenbranche, also ans Bäckerhandwerk und die Brotindustrie.

Zentrale Ergebnisse des Backwaren-Monitors 2025, gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit der NGG

Beschäftigte:
Rund 282.000 Menschen arbeiten 2024 in der Backwarenbranche, darunter 81.000 Minijober:innen. Die Zahl der Betriebe im klassischen Bäckerhandwerk ist in den vergangenen zehn Jahren um 30 Prozent gesunken.

Fachkräftemangel:
Seit 2014 sind 20.000 Arbeitsplätze verlorengegangen. Gleichzeitig steigt der Anteil an Teilzeitkräften auf knapp 40 Prozent. Erfreulich ist die Entwicklung bei den Auszubildenden zum/zur Fachverkäufer:innen im Bäckerhandwerk. Dort gab es 2024 einen Zuwachs von 22,5 Prozent. 

Strukturwandel:
Die Dominanz der Großfilialisten und Brotindustrie wächst. Die Anzahl der traditionellen Bäckerhandwerksbetriebe sinkt seit Jahren, während große Unternehmen expandieren.

Löhne & Arbeitsbedingungen:
In Handwerksbäckereien und Filialbäckereien ist die Bezahlung oft niedrig. In der Brotindustrie hingegen sind die Löhne höher, aber die dortige Schichtarbeit belastet die Beschäftigten.

Arbeitsbelastung:
Beschäftigte beklagen eine hohe Arbeitsintensität, im Wesentlichen verursacht durch Personalmangel. In Filialbäckereien ist die psychische Belastung besonders hoch. In der Industrie klagen die Beschäftigten über die hohe Intensität im Schichtbetrieb. 58 Prozent der Befragten wünschen eine Verkürzung der Arbeitszeit.

Azubi-Situation:
Die Zahl der Auszubildenden hat sich in den letzten zehn Jahren fast halbiert. Laut Befragung wissen 73 Prozent nicht, ob sie nach ihrer Ausbildung übernommen werden. 58 Prozent halten die Vergütung für zu niedrig. Doch 2024 dreht sich der Trend: Bei den Bäcker:innen-Azubis gab es ein Plus von 11,4 Prozent. Rund 25 Prozent der Auszubildenden der gesamten Branche kommen aus dem Ausland bzw. haben einen ausländischen Pass.

Über die Branchenanalyse* Backgewerbe
Neben einer Literaturanalyse und der Auswertung von Statistiken wurden 27 Interviews mit Vertreter*innen von Verbänden, NGG und Betrieben geführt. Zusätzlich wurde zwischen dem 3. Oktober 2024 und dem 24. Februar 2025 durch die NGG eine bundesweite Onlinebefragung durchgeführt, an der sich 1.395 Beschäftigte der Branche beteiligt haben. Die Befragungsergebnisse sind weitestgehend repräsentativ. Bei dieser Ergebnisvorstellung handelt es sich um vorläufige Kernergebnisse. Der Gesamtstudienbericht wird im Sommer 2025 erscheinen

Kontakt für die Presse
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)
Pressesprecher Dirk Herzog
Tel.: 040 – 38013106
E-Mail: presse@ngg.net

 

Material zum Download

Kernergebnisse der Branchenanalyse

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Folien der heutigen Pressekonferenz

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Pressefoto zur Pressekonferenz

Foto: Florian Göricke