Die europäische Milchwirtschaft befindet sich im Umbruch und steht auch weiterhin vor großen Herausforderungen. Die Internationalisierung der Branche schreitet voran, und auch das Ende der Milchquote in 2015 wird umgreifende Veränderungen nach sich ziehen. Schon jetzt sind die großen Unternehmen der Branche wie Nestlé, Danone, Unilever, Arla und DMK in ganz Europa - oder sogar weltweit - aktiv. Wichtige Entscheidungen werden deshalb heute in den europäischen Konzernzentralen getroffen – über Ländergrenzen hinweg. Auf diese Entwicklungen haben die Gewerkschaft NGG und ihre ProjektpartnerInnen reagiert und dairynet.eu, das europäische Netzwerk der Arbeitnehmervertreter in der Milchwirtschaft, ins Leben gerufen. Ziel des Netzwerkes ist insbesondere der verbesserte Austausch und die noch effektivere Zusammenarbeit der Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften der europäischen Milchwirtschaft.
Konferenz mit 100 Betriebsräten und Gewerkschaftern
Vom 6. bis 9. Januar 2015 trafen sich im Rahmen von dairnet.eu und auf Einladung der Gewerkschaft NGG rund 100 Betriebsräte und Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften aus der Slowakei, Österreich, Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Belgien, Schweden, Rumänien, Polen, Deutschland und den internationalen Gewerkschaftsföderationen EFFAT und IUL zu einer internationalen Konferenz im Bildungszentrum Oberjosbach (BZO) bei Frankfurt. Gemeinsam berieten die ArbeitnehmervertreterInnen aktuelle Entwicklungen und Probleme in der Branche, informierten sich in den Vorträgen der eingeladenen Experten, trafen aber auch ganz konkrete Vereinbarungen mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern. Stefan Heiß, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Arla: „Ich bin froh, dass wir unsere belgischen Kollegen getroffen haben. Jetzt können wir an den Problemen, die uns beide treffen, gemeinsam arbeiten. Unsere Arbeit vor Ort können wir in der Milchwirtschaft nur mit europäischen Netzwerken leisten. Die Entscheidungen werden nicht mehr vor Ort getroffen, sondern in den europäischen Zentralen."
"Auch die Vertreter der Beschäftigten müssen gut vernetzt sein"
Damit nenne der Arla-Betriebsrat eines der Hauptanliegen von dairynet.eu, so Peter Störling, der für die Milchwirtschaft zuständige Referatsleiter der NGG: „Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Ländern weiter zu verbessern und zu festigen. Wenn die Arbeitgeber zunehmend international aufgestellt sind, müssen natürlich auch die Vertreter der Beschäftigten, also Betriebsräte und Gewerkschaften, international gut vernetzt sein. Ich denke, die Konferenz hat uns allen die Chancen der gemeinsamen Zusammenarbeit noch einmal sehr deutlich gemacht.“
Sozialcharta verabschiedet
Einige Teilnehmer, vor allem aus osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten, berichteten im Rahmen der Konferenz über die systematische Behinderung der gewerkschaftlichen Arbeit durch Arbeitgeber und Behörden. Andere, etwa aus Südeuropa, informierten über die starken Zunahme prekärer Beschäftigung wie Leiharbeit, Niedriglöhnen und Befristungen an den Standorten ihres Landes. Auch der sprunghafte Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit im Zuge der ‚Euro-Krise‘, zum Beispiel in Spanien, wurde immer wieder thematisiert. Gemeinsam verabschiedeten die Teilnehmenden eine Sozialcharta für die europäische Milchwirtschaft, in der diese Probleme adressiert wurden.