Die zweite Verhandlung über einen Mindestlohn in der Fleischwirtschaft wurde gestern, am 17. Dezember 2013, ergebnislos beendet. Eine erste Verhandlung zwischen NGG und der Tarifgemeinschaft der Arbeitgeber war im Oktober ohne Ergebnis vertagt worden. Schon in der ersten Runde hatte NGG auf einen bundeseinheitlichen Mindestlohn für alle Beschäftigten in der Fleischbranche gedrängt: Nach 23 Jahren deutscher Einheit, bei gleicher Produktivität und Arbeitsbelastung und vergleichbar hohen Lebenshaltungskosten, kann aus Sicht von NGG bei der Festlegung eines Mindestlohnes keine pauschale Unterscheidung zwischen Ost und West gemacht werden.
Veränderte Rahmenbedingungen
In diesem Punkt war gestern ein Einlenken der Arbeitgeberseite erkennbar - eine bundesweite Regelung schien möglich: Kein Wunder, ist doch - erstens - der öffentliche Druck auf die Arbeitgeber, endlich für ordentliche Arbeitsbedingungen in der in Verruf geratenen Branche zu sorgen, durch immer neue Skandalfälle noch weiter gestiegen. Zweitens haben sich mit der im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD festgeschriebenen Absicht, zum 1. Januar 2015 einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro einzuführen, die Rahmenbedingungen der Verhandlungen grundlegend geändert: So oder so: In einem Jahr werden die Arbeitgeber 8,50 Euro pro Stunde zahlen müssen - außer mit NGG würde anderes vereinbart.
Bedingungen, die Zustimmung unmöglich machen
Die Einführung eines tariflichen Mindestlohnes in der Fleischbranche haben die Arbeitgeber aber unter Bedingungen gestellt, die eine Zustimmung durch NGG unmöglich machen. Nach dem Willen der Arbeitgeber sollten ab dem 1. Juli 2014 8,00 Euro pro Stunde und in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 bundesweit 8,50 Euro gezahlt werden. Bedingung: Der Mindestlohn bleibt bis Ende 2018 bei 8,50 Euro festgeschrieben. Damit hätte der tarifliche Mindestlohn der Fleischbranche erst Monate nach der im Koalitionsvertrag verankerten Einführung des Mindestlohnes per Gesetz dessen Höhe von 8,50 Euro erreicht. Außerdem wäre er auf Jahre auf niedrigem Niveau „einbetoniert“ - völlig unabhängig davon, wie sich Verbraucherpreise, Preise für Energie und Benzin oder die Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes entwickeln.
Darüber hinaus waren die Arbeitgeber nicht bereit, grundsätzliche Mindeststandards für die Arbeit in der Branche festzulegen. NGG hätte zum Beispiel gerne festgeschrieben, dass es künftig nicht mehr möglich ist, vom Lohn Abzüge für Unterkunft und Arbeitsmittel einzubehalten. Noch ist das in vielen Betrieben eine Praxis, unter der die vielen tausend über Werkverträge mit Subunternehmen in Deutschland tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu leiden haben.
„Die Branche hat eine riesige Chance vertan“
Claus-Harald Güster, stellvertretender Vorsitzender und Verhandlungsführer von NGG, zog das folgende Fazit zur starren Haltung der Verhandlungspartner: „Die Branche hat eine riesige Chance vertan, endlich aus der Schmuddelecke herauszukommen. Ein Mindestlohn für alle Beschäftigten wäre ein erster Schritt gewesen, der dafür gesorgt hätte, dass alle Betriebe in der Branche unter vergleichbaren Bedingungen produzieren. Stattdessen geht es weiter wie bisher: Die Unternehmen unterbieten sich in Arbeitslöhnen und Preisen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Rumänien, Bulgarien und von anderswo werden weiter gnadenlos ausgebeutet - Hauptsache der Profit stimmt.
Wir hätten gerne einen bundesweiten Tarifvertrag für die Fleischwirtschaft abgeschlossen - aber nicht um jeden Preis. Wenn die Arbeitgeberseite zur Besinnung kommt, werden wir uns Verhandlungen natürlich nicht verschließen. Ziel von NGG bleibt es, die Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche endlich nachhaltig und bundesweit zu verbessern.“
An den Verhandlungen mit NGG nahmen auf Seiten der Arbeitgeber Vertreter der führenden Unternehmen Vion, Tönnies, Danish Crown, Westfleisch und PHW (Wiesenhof) sowie diverse Verbandsvertreter teil. Ein Termin zur Wiederaufnahme der Verhandlungen wurde nicht vereinbart.