Hamburg, 20. Februar 2024
Eine konkrete, praktische Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Millionen von Menschen: Die EU-Plattformrichtlinie hätte genau das sein können. Am Freitag (16.2.2024) ist diese Hoffnung an der Blockadehaltung der FDP gescheitert. „Die EU-Plattformrichtlinie hätte missbräuchlichen Arbeitsbedingungen und Union Busting bei Lieferdiensten und anderen Unternehmen der Plattform-Ökonomie einen Riegel vorgeschoben. Für Beschäftigte bei Wolt oder Ueber Eats, aber auch Lieferando, hätte das Gesetz der dringend nötige Schritt in eine bessere Arbeitswelt sein können. Stattdessen hat sich die FDP auch hier entschieden, wieder einmal die Partei des Stillstands und der Blockade zu sein.“ kommentiert Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die Enthaltung der deutschen Bundesregierung bei der Abstimmung über die lange verhandelte Richtlinie.
Wer offiziell selbstständig tätig ist, de facto aber nur für ein einziges Unternehmen arbeitet, erfüllt in Deutschland die Kriterien der Scheinselbstständigkeit. Das ist – auf Druck der Unternehmen - die Arbeitsrealität für die weit überwiegende Zahl an Ridern, d.h. der Lieferfahrer*innen. Für die Unternehmen, meist internationale Konzerne, hat das den Vorteil, dass sie weder Mindestlohn noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen und sich auch nicht um die Einhaltung von Arbeitszeitregelungen kümmern müssen. Für die Beschäftigten jedoch bedeutet es, dass sie keinerlei Absicherung, etwa in Form von Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, haben. „Die Unternehmen drücken sich so auch davor, für ihre Fahrer*innen in die Sozialversicherungen einzuzahlen. Das ist Sozialbetrug zulasten der Beschäftigten, aber auch der solidarischen Versicherungssysteme, die das Geld dringend brauchen, wie zum Beispiel in der Pflege, aber auch in den Rentenkassen“, kritisiert Zeitler Lieferdienste, die sich einer solchen Praxis bedienen.
Aber auch bei einem weiteren Problem hätte die Richtlinie Abhilfe schaffen können: „Wir hören von unseren Mitgliedern bei Lieferando, Wolt und Co. immer wieder, dass der Algorithmus ihnen plötzlich weniger Aufträge zuteilt, wenn bekannt wird, dass sie sich etwa gewerkschaftlich organisieren. Oftmals sind Bonuszahlungen an die Anzahl der erledigten Aufträge gekoppelt. Das bringt Existenzen in Gefahr.“, berichtet Mark Baumeister, Referatsleiter Gastgewerbe bei der NGG, aus der Praxis. Die Richtlinie hatte eine Transparenzpflicht für die algorithmische Auftragsverteilung vorgesehen, die ein solches Vorgehen hätte unterbinden können. Es wäre höchste Zeit gewesen.