Selbstverpflichtung der Fleischwirtschaft

Güster: „Nur Tarifverträge bieten in der Fleischwirtschaft verlässliche Standards“

Halle (Westfalen) – 7. Oktober 2016

Kritisch hat sich Claus-Harald Güster, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), zur Bilanz, die die Unternehmen der Fleischwirtschaft nach einem Jahr „Selbstverpflichtung“* gezogen haben, geäußert. Auf einer Veranstaltung seiner Organisation im westfälischen Halle bezeichnete der NGG-Vize am Freitag das System der Werkverträge als „Krebsgeschwür“, das immer noch nicht beseitigt sei.

„Das Hauptproblem, die Arbeit in Subunternehmen mit Werkverträgen und Leiharbeit zu verringern, hat – mit Ausnahme von Westfleisch – kein Unternehmen gelöst. Immer noch arbeiten mehr als die Hälfte der Beschäftigten in den großen Unternehmen der Fleischwirtschaft als Leiharbeiter oder mit Werkverträgen.“

Mit Werkverträgen würden seit Jahrzenten nicht nur Spitzen der Produktion abgefangen. Die Ausnahme sei zur Regel geworden. „Werkverträge werden vergeben, obwohl de facto Aufgaben der Stammbelegschaft in Kernprozessen der Produktion wie Schlachten und Zerlegen wahrgenommen werden. Entstanden ist ein System von Sub- und Subsub-Unternehmen, um Menschen in prekärer Beschäftigung auszubeuten und die Mitbestimmung zu umgehen“, so Güster. Deshalb sei es auch notwendig, dass das Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen nachgebessert werde, damit Betriebsräte nicht nur informiert werden, sondern auch ihr Veto einlegen könnten, hat der NGG-Vize gefordert.

Die Gewerkschaft NGG biete den Unternehmen – analog Westfleisch – an, die Erhöhung der Stammbelegschaften um jährlich zehn Prozent tarifvertraglich zu regeln. „Dies wäre ein Weg, um aus dem System der prekären Beschäftigung auszusteigen und den Menschen im Sinne von guter Arbeit Perspektiven zu bieten. Nur Tarifverträge bieten verlässliche Standards und sind verbindlich. Der Lackmustest, ob die Unternehmen der Fleischwirtschaft ihrer sozialpolitischen Verantwortung im Sinne ihrer Standortoffensive gerecht werden, wird im Sommer 2017 sein, wenn der Tarifvertrag für den Branchenmindestlohn Fleisch zur Verhandlung auf der Agenda steht“, so Güster.

*Hintergrund:
Vor einem Jahr hatten sich die Unternehmen Danish Crown, Heidemark, Lohmann/PHW-Gruppe, Tönnies, Vion und Westfleisch unter Schirmherrschaft von Sigmar Gabriel verpflichtet, Missstände bei ausländischen Werkvertragsbeschäftigten zu beseitigen, sie nach deutschem Recht zu beschäftigen, den Anteil der Stammbelegschaften zu erhöhen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Bericht zur Umsetzung der Selbstverpflichtung der Fleischwirtschaft: http://www.vdew-online.de/bericht-zur-umsetzung-der-selbstverpflichtung-in-der-fleischwirtschaft

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