Die NGG-Vorsitzende Michaela Rosenberger erklärt, warum es mehr Frauen in den Betriebsräten geben sollte.
Warum gehören aus deiner Sicht mehr Frauen in die Betriebsräte?
Der Betriebsrat soll ein Spiegelbild der Belegschaften sein: Junge und Alte, Verwaltung und Produktion, Frauen und Männer müssen im Betriebsrat vertreten sein, damit das Gremium die gesamte Belegschaft im Blick hat. Nur dann können die Interessen aller Beschäftigten auch vertreten werden. Bisher sind nur ca. 30 Prozent unserer Betriebsratsgremien weiblich – da ist also noch Luft nach oben.
Gibt es Themen im Betriebsrat, für die sich interessierte Frauen stark machen können?
Da fallen mir gleich zwei Themen ein: Zum einen gibt es nach wie vor die noch immer schlechtere Bezahlung von Frauen. Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen ist mit durchschnittlich 22 Prozent ein Fakt, den wir nicht akzeptieren. NGG überprüft mit der „Initiative Lohngerechtigkeit: was uns zusteht“ die eigenen Tarifverträge auf Benachteiligung von Frauen. Mit mehr Frauen im Betriebsrat ist es leichter, dieses Thema auf die Tagesordnung des Betriebsrates zu setzen, damit auch die betriebliche Lohnstruktur auf den Prüfstand kommt. Das andere Problem ist, dass es sexuelle Belästigung nicht nur in der Kunstszene oder bei Medienschaffenden gibt. Wie eine Befragung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ergeben hat, erleben Frauen auch an allen anderen Arbeitsplätzen sexuelle Übergriffe. Viele Betroffene trauen sich aber leider nicht, mit dem Betriebsrat darüber zu sprechen, wenn ihr Ansprechpartner dort ein Mann ist. Wenn wir den Betroffenen Mut machen und helfen wollen, können Frauen im Betriebsrat eine ganz wichtige Anlaufstelle sein.
In vielen Betrieben glauben Beschäftigte – auch Frauen – ein Betriebsrat sei überflüssig. Was sagst du dazu?
Überall – im Betrieb, in der Gesellschaft, in der Familie - müssen wir Entscheidungen treffen: Für uns selbst, für unsere Kinder, für eine Partei usw. Frauen entscheiden heute selbst, wie sie leben, wie sie arbeiten wollen. Warum sollten wir ausgerechnet im Betrieb auf diese Mitentscheidung verzichten? Denn dafür hat der Gesetzgeber ja den Betriebsrat geschaffen: mitreden, mitgestalten, mitbestimmen. Im Interesse der Beschäftigten und des Betriebes. Im November ist es 100 Jahre her, dass mutige Arbeiterinnen das Frauenwahlrecht in Deutschland erkämpft haben: Das ist ein Vermächtnis, das wir unbedingt wertschätzen und nutzen sollten, auch bei der Arbeit, denn Demokratie beginnt im Betrieb – mit einem starken Betriebsrat.