Der Ausbildungsreport 2015 der DGB-Jugend verdeutlicht: In den Ausbildungsberufen des Hotel- und Gaststättengewerbes bestehen erhebliche Mängel, wenn es um die Qualität der Ausbildung geht. Befragt wurden in diesem Jahr mehr als 18.000 Auszubildende schriftlich nach ihrer Ausbildungszufriedenheit, darunter insgesamt 1.255 Köche, Hotel- und Restaurantfachangestellte. „Die Ergebnisse sind erschreckend“, so Florian Haggenmiller, Bundesjugendsekretär beim DGB. „Überstunden, Wochenendarbeit und eine geringe Ausbildungsvergütung – was bei vielen Azubis die Ausnahme ist, gehört in diesen Berufen zur traurigen Normalität.“ 59,1 Prozent der Befragten gaben an, mit ihrer Ausbildung zufrieden zu sein – weit unter dem Durchschnittswert aller Ausbildungsberufe, der bei 71,5 Prozent liegt. „Diese schlechten Beurteilungen sind eindeutig auf die teils miserablen Ausbildungsbedingungen zurückzuführen“, ergänzt NGG-Bundesjugendsekretär Christoph Schink. „Auszubildende in den gastgewerblichen Berufen identifizieren sich überdurchschnittlich mit ihrer Ausbildung. Für 57 Prozent der Köche war dies bei der Berufswahl der Wunschberuf – da kann kaum ein anderer Ausbildungsberuf mithalten. Viele Arbeitgeber nutzen dies aber leider aus.“
Arbeitszeitkontrollen sind unzureichend
Ein großes Problem sind die Arbeitszeiten. Mehr als jede/r zweite Auszubildende arbeitet mehr als 40 Stunden die Woche – darunter auch viele Minderjährige. Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz sind keine Seltenheit. 58 Prozent der Auszubildenden gaben an, regelmäßig Überstunden zu machen, jede/r Siebte macht regelmäßig mehr als zehn Überstunden in der Woche. 28 Prozent derer, die regelmäßig Überstunden machen, gaben an, dafür weder einen finanziellen noch einen Freizeitausgleich zu erhalten. Dies führt zu Stress: Mehr als jede/r dritte Auszubildende gab an, sich in der Freizeit nicht von der Ausbildung erholen zu können. Haggenmiller: „Hier sind die Kammern als zuständige Stellen gefordert. Aktuell kommen sie ihrer Kontrollpflicht nur unzureichend nach. In solchen Fällen bedarf es wirksamer Sanktionen. Wenn die Betriebe nicht ausbildungsreif sind, muss ihnen notfalls die Erlaubnis dafür entzogen werden.“
„Mehr in die Qualität der dualen Ausbildung investieren!“
Nicht nur bei den Arbeitszeiten, sondern auch bei der Qualität der Ausbildung selbst muss nachgebessert werden. „Stimmt die fachliche Qualität, steigt auch die Zufriedenheit mit der Ausbildung“, sagt der DGB-Gewerkschafter. Erfreulich sei, dass immerhin 93 Prozent der Befragten formal einen Ausbilder haben – leicht mehr als die anderen Berufe. Jedoch klagt jede/r Siebte darüber, dass der Ausbilder eigentlich so gut wie nie präsent ist. Mehr als jede/r Zehnte gibt an, von den Ausbildern nur selten oder nie korrekt behandelt zu werden und nahezu jede/r Fünfte ist unzufrieden mit der Praxisanleitung. NGG-Bundesjugendsekretär Christoph Schink kritisiert die Arbeitgeber: „Im Lernverhältnis Berufsausbildung brauchen die Auszubildenden einen Ansprechpartner, der ihnen die Arbeitsvorgänge erklärt. Aufgrund des hektischen Betriebs in den Hotels und in der Gastronomie ist dies zwar oftmals schwierig, mehr qualifiziertes Ausbildungspersonal wäre aber eine sinnvolle Lösung. Die Arbeitgeber sollten mehr in die Qualität der dualen Ausbildung statt in Imagekampagnen investieren.“
jungeNGG fordert gesetzliche Mindestausbildungsvergütung
Neben den Arbeitszeiten ist die niedrige Ausbildungsvergütung ein großes Problem. Jeder fünfte Auszubildende verdient weniger als 500 Euro im Monat. „Existenzsichernd ist das nicht“, so Christoph Schink. „Wir haben im Hotel- und Gaststättengewerbe gute Tarifverträge in allen Bundesländern. Immer mehr Betriebe entziehen sich jedoch der Tarifbindung. Daher fordert die jungeNGG eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung. Die Auszubildenden heutzutage sind bei Ausbildungseintritt älter als zum Beispiel noch vor ein paar Jahrzehnten. Sie haben andere Bedürfnisse und leben selbständiger. Dies muss sich auch in der Vergütung widerspiegeln.“
„Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens“
Der thematische Schwerpunkt des Ausbildungsreports der DGB-Jugend lag in diesem Jahr auf Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Junge Migrant/innen tauchen dabei in den gastgewerblichen Berufen in etwa ebenso häufig auf wie sie prozentual in der Gesamtbevölkerung vertreten sind. Allerdings werden sie in den Gastgewerbe-Berufen häufiger Opfer von Diskriminierung: Während gemessen an allen Ausbildungsberufen insgesamt 22,4 Prozent der Befragten angaben, in der Ausbildung schon mal aufgrund von Herkunft oder Staatsangehörigkeit diskriminiert worden zu sein bzw. diese Erfahrung regelmäßig machen, ist es bei den Auszubildenden im Gastgewerbe mit 30,4 Prozent nahezu jede/r Dritte. „Dies sind unhaltbare Zustände gerade in einer Branche, die ohnehin schon Schwierigkeiten hat, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen“, so Schink. Er fordert von den Arbeitgebern ein konsequenteres Vorgehen: „Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens und Maßnahmen im Rahmen einer betrieblichen Antidiskriminierungspolitik.“
„Wir wollen die Ausbildung besser machen“
Als Konsequenzen aus den Ergebnissen des Ausbildungsreports fordert Florian Haggenmiller weitreichende Änderungen bei der anstehenden Novellierung des Berufsbildungsgesetz (BBiG): „Fachkräfte fallen nicht vom Himmel. Wer danach ruft, muss gute Ausbildungsbedingungen bieten. Doch dafür braucht es einen gesetzlichen Rahmen, der mit den qualitativen Mängeln aufräumt, die der Ausbildungsreport aufzeigt. Die Gewerkschaftsjugend wird sich aktiv bei der Novellierung des BBiG einbringen und sich für eine Stärkung der Ausbildungsqualität einsetzen. Wir wollen die Ausbildung besser machen“, so der DGB-Bundesjugendsekretär.
Der vollständige Ausbildungsreport 2015 kann auf www.jugend.dgb.de/ausbildung heruntergeladen und bestellt werden. Weitere Informationen zur Novellierung des Berufsbildungsgesetzes gibt es unter www.jugend.dgb.de/bbig