„Wir sind gesprächsbereit und fordern die Arbeitgeber auf, endlich an den Verhandlungstisch zurückzukehren!“ Lena Melcher, Geschäftsführerin der NGG-Region Hannover, machte am Wochenende deutlich, in wessen Feld der Ball in Sachen Gilde Brauerei liegt. Bereits Tage zuvor hatten sich die Ereignisse bei der Gilde Brauerei in Hannover überschlagen.
Zum Hintergrund: Die Gilde Brauerei in Hannover gehört seit 2016 zum TCB-Konzern, der seinen Sitz in Frankfurt (Oder) hat. Seitdem gibt es bei Gilde keinen Tarifvertrag mehr. Das hat dazu geführt, dass die seit der Übernahme durch TCB eingestellten Beschäftigten weniger verdienen: Der jährliche Einkommensunterschied liegt bei etwa 15.000 Euro brutto bei gleicher Tätigkeit. Um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen bzw. zu verringern, fordert die NGG eine Rückkehr zur Tarifbezahlung für alle Brauereibeschäftigten. Mittlerweile acht Streiks konnten die Arbeitgeberseite jedoch nicht zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bewegen.
Bei Nacht und Nebel
Nachdem sich am 25. November 2019 die Beschäftigten in Hannover für eine Fortsetzung der Streiks ausgesprochen hatten, folgte vier Tage später die nächtliche Betriebsspaltung der Gilde Brauerei: Ohne den gesetzlich vorgeschriebenen Interessensausgleich setzte die Geschäftsführung der Brauerei bei Nacht und Nebel die geplante Umstrukturierung – eine Aufspaltung in vier Firmen – um. Unter Aufsicht von Sicherheitskräften mussten die Beschäftigten ihre Spinde räumen, neue Zeiterfassungskarten wurden verteilt, neue Arbeitskleidung ausgegeben und Trennwände im Betrieb eingezogen.
Mehrere Verstöße
Gleichzeitig gingen die Arbeitsverhältnisse von mehr als der Hälfte der Beschäftigten in Hannover auf die Leine Logistik GmbH, die Fass- und Flaschenabfüllgesellschaft Hannover GmbH und die Hannoversche Abfüllgesellschaft mbH über. Betroffen ist davon auch der Betriebsratsvorsitzende Julian Weinz. Ihm wurde mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht, sofern er weiterhin Betriebsratsarbeit leiste, weil er ab sofort Mitarbeiter der Leine Logistik GmbH sei und diese keinen Betriebsrat habe. Diesem Verhalten der Gilde-Geschäftsführung liegen mehrere Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz zugrunde, nicht zuletzt die Behinderung von Betriebsratsarbeit.
Leidtragende sind die Beschäftigten
Leidtragende der rasanten Eskalation seien vor allem die Beschäftigten des ältesten Unternehmens in Hannover, so Lena Melcher. Sie sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der erfolgreichen Urabstimmung und der anschließenden Betriebsspaltung, mit der der Betriebsrat zerschlagen werden sollte. „Womöglich meint die Geschäftsführung damit der Gefahr von unbefristeten Streiks zu entgehen und schüchtert die Beschäftigten bei der Wahrnehmung ihrer Rechte massiv ein“, sagte die Geschäftsführerin der NGG Hannover. Neben einer Rückkehr zum Tariflohn, will sie vor allem den Betriebsrat in seiner bisherigen Struktur erhalten.
Nach einem 32-stündigen Streik in der vergangenen Woche – bereits der achte seit Beginn der Auseinandersetzung! – ruft die NGG nun für den kommenden Donnerstag, den 12.12.19, zu einer Kundgebung in der niedersächsischen Landeshauptstadt auf. Unter anderem wird der stellvertretende Vorsitzende der NGG, Freddy Adjan, gegenüber dem Hannoveraner Hauptbahnhof zu den Teilnehmenden sprechen.
Kundgebung am Donnerstag, den 12. Dezember 2019, um 15.00 Uhr
Ernst-August-Platz (gegenüber vom Hauptbahnhof Hannover)
Chronik der Ereignisse Gilde Brauerei