Dieses Interview mit Guido Zeitler erschien zuerst in der einigkeit, der Mitgliederzeitung der Gewerkschaft NGG (Ausgabe 5, 2016). Aktuelle Infos zu den laufenden Tarifverhandlungen in der deutschen Systemgastronomie auf www.ngg.net/system.
Die vorige Tarifrunde war ja nicht ganz ohne. Was hat sich NGG für die kommenden Verhandlungen vorgenommen?
Stimmt, die letzte Tarifrunde hatte es in der Tat in sich. Erstmalig waren unsere Kolleginnen und Kollegen in der Systemgastronomie vor den Betrieben und haben in über 40 Warnstreiks und Aktionen ihrer Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen Luft gemacht. Das war ein ganz wichtiger Schritt, der letztendlich zum Ergebnis geführt hat, dass wir die Forderungen der Arbeitgeber nach Kürzungen abwehren konnten. Darauf gilt es jetzt aufzubauen und die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern.
Mit unserer Tarifkommission haben wir uns einiges vorgenommen. Neben der Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen wollen wir auch strukturelle Anpassungen im Entgeltrahmen sowie eine stärkere Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit durchsetzen. Um das zu schaffen, brauchen wir wieder die aktive Unterstützung unserer Mitglieder.
Wird der unterste Tariflohn 2017 deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn von dann 8,84 Euro pro Stunde liegen?
Leider verrät mir das der Blick in die Glaskugel noch nicht, so dass wir das Ergebnis der Verhandlungen wohl abwarten müssen. Aktuell liegt der unterste Stundenlohn in der Systemgastronomie mit 8,60 Euro über dem Mindestlohn.
Unser Ziel ist es, den Abstand zwischen dem untersten Tariflohn und dem Mindestlohn weiter auszubauen. Denn, auch der zukünftige Mindestlohn ist ein Niedriglohn und reicht kaum zum Leben.
Wie will NGG Altersarmut in der Branche verhindern?
An erster Stelle steht natürlich, die Einkommen aus dem Niedriglohnbereich zu holen, denn bei höheren Einkommen werden später auch höhere Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen. Aber das alleine wird nicht ausreichen.
Die Unternehmen müssen auch ihre hohe Teilzeitquote zurückführen, denn aus Teilzeitarbeit gibt es in der Regel auch nur kleine Renten. Zudem werden wir den Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) auffordern, mit uns endlich einen Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge abzuschließen, in dem die Arbeitgeber einen zusätzlichen Beitrag zur Absicherung ihrer Beschäftigten im Alter leisten.
In vielen anderen Branchen konnten wir das mit den Arbeitgebern vereinbaren, mit dem BdS war das bisher leider nicht möglich. Sobald der neue gesetzliche Rahmen, der aktuell in Berlin diskutiert wird, klar ist, werden wir damit beginnen.
Wie können die Beschäftigten dazu beitragen, dass NGG gute Tarifverträge macht?
Engagierte Mitglieder sind für den erfolgreichen Abschluss eines Tarifvertrages sehr wichtig. Das hat uns die letzte Tarifrunde gezeigt. Wenn es uns gelingt, noch mehr von den insgesamt rund 100.000 Beschäftigten in der Branche davon zu überzeugen, sich für die Verbesserung ihrer Tarifverträge einzusetzen, werden wir die gesteckten Ziele auch erreichen.
Es muss daher gemeinsame Aufgabe sein, diejenigen anzusprechen, die heute noch nicht Mitglied der NGG sind. Denn eine Konstante gilt für die 150-jährige Erfolgsgeschichte der NGG. Je mehr Beschäftigte einer Branche bei uns Mitglied werden, desto größer sind unsere tarifpolitischen Erfolge.
Mitdiskutieren: facebook.com/systemer.ngg
Kurz erklärt
In der Systemgastronomie arbeiten mehr als 100.000 Menschen: u.a. bei McDonald’s, Burger King, Kentucky Fried Chicken, Pizza Hut, Starbucks, Autogrill und Nordsee. Das tarifliche Einstiegsentgelt — beispielsweise für Tätigkeiten in der Spülküche — beträgt 8,60 Euro pro Stunde. Der aktuelle Entgelttarifvertrag läuft zum 31. Dezember 2016 aus. Am 27. Oktober 2016 haben die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft NGG und dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) zu einem neuen Tarifvertrag begonnen. Infos: www.ngg.net/system