In Deutschland werden in diesem Jahr rund 800.000 Menschen - vielleicht mehr - vor Krieg und Elend in ihren Heimatländern Schutz suchen. Das ist ohne Zweifel eine große Herausforderung für unser Land. Kein Wunder also, dass sich viele Menschen in Deutschland fragen, welche Folgen die große Zahl Asylsuchender haben wird. Die Unsicherheit ist groß. Und genau das versuchen Populisten von Rechts zu nutzen, um Hass und Ausgrenzung zu schüren - leider häufig mit Erfolg.
Die Gewerkschaft NGG möchte helfen, Unklarheiten zu beseitigen und Vorurteile zu bekämpfen. Denn ob am Arbeitsplatz, beim Sport oder in der Bahn: Wir alle hören dieser Tage viele Halbwahrheiten und angebliche Fakten über die Menschen, die gerade so zahlreich nach Deutschland kommen (müssen).
In der NGG-Broschüre "Solidarität kennt keine Grenzen" findest Du jetzt konkrete Informationen und Hintergrundinfos zur aktuellen Flüchtlingsdebatte. Und Du erhältst Tipps, wie Du effektiv und mit Nachdruck "Parolenschwingern" und radikalen Flüchtlingsgegnern begegnest.
Die neue NGG-Broschüre: "Solidarität kennt keine Grenzen" erhältst Du jetzt in gedruckter Form bei Deiner NGG-Region vor Ort und hier online (PDF).
Fakten gegen Vorurteile:
"Nehmen uns Flüchtlinge die Arbeit weg?" NEIN!
Zuwanderung schafft Arbeit, auch in Deutschland
AsylbewerberInnen in Deutschland dürfen zunächst gar nicht arbeiten. In den ersten drei Monaten ist ihnen das komplett verwehrt. Erst nach 15 Monaten entfällt die „Vorrangprüfung“: Stehen Deutsche oder EU-BürgerInnen für den Job zur Verfügung, bekommen AsylbewerberInnen keine Beschäftigungserlaubnis.
Und vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels bietet die verstärkte Einwanderung Chancen für Wachstum und den Arbeitsmarkt. Denn andernfalls bleiben viele Arbeitsplätze in Zukunft unbesetzt.
Laut einer Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung sind durch Menschen mit Migrationshintergrund rund 2,2 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen worden. JedeR sechste UnternehmerIn in Deutschland hat einen Migrationshintergrund und trägt mit seinen Abgaben zum Staatswesen bei.
Quelle: library.fes.de
"Je mehr Flüchtlinge, desto mehr Kriminalität!" NEIN!
Kriminalität und Gewalt sind keine Frage der Staatsangehörigkeit oder der ethnischen Herkunft eines Menschen, sondern vielfach eine Frage der örtlichen Lebensbedingungen und somit der sozialen Herkunft der Menschen.
Eine aktuelle Untersuchung des Bundeskriminalamtes bestätigt, dass Flüchtlinge genauso wenig oder genauso häufig kriminell sind wie Deutsche. Darüber hinausgehende Anfragen von der Tagesschau-Redaktion bei Polizei und Innenministerien in den verschiedenen Bundesländern haben ergeben, dass es auch dort keine Anhaltspunkte für einen überdurchschnittlichen Anstieg der Kriminalität gibt.
Vielfach werden jedoch Flüchtlinge durch persönliche Gewalt oder Anschläge auf Flüchtlingsheime zu Opfern von Gewalt.
Die Ausschreitungen und Streitigkeiten in einigen Flüchtlingsunterkünften haben laut Polizeiberichten den Ursprung in der Überbelegung der Notunterkünfte und Einrichtungen. Hierdurch verursachte Spannungen tragen dann innerhalb der Gruppen zu möglichen Auseinandersetzungen bei. Ein höheres Aggressionspotenzial von Flüchtlingen liegt nicht vor.
Quelle: tagesschau.de
"Warum haben sie Smartphones?" WEIL ES WICHTIG IST!
Das Smartphone ist oftmals ein wichtiges Kommunikationsmittel. Diejenigen, die ihr Land verlassen müssen, besorgen sich meist extra ein Handy, um mit ihren Familien und FreundInnen Kontakt halten zu können. Einige Hersteller bieten in den entsprechenden Ländern auch extra einfache und besonders günstige Geräte an.
Nicht alle Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind in ihrem Heimatland arm gewesen. Unter den Flüchtlingen befinden sich auch ÄrztInnen, InformatikerInnen, ProfessorInnen. Ein Großteil der Menschen flieht vor Krieg, Unterdrückung und Terror – nicht in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen.
Quelle: tagesschau.de
"Die Flüchtlinge wollen alle nach Deutschland!" FALSCH!
Der Eindruck ist nicht ganz richtig. Viele Flüchtlinge bleiben auch in den Transitländern, wie z.B. in Ungarn und Österreich, oder sie reisen durch Deutschland weiter nach Skandinavien.
Deutschland nimmt zwar die meisten Flüchtlinge auf; wenn man aber die absoluten Zahlen mit anderen europäischen Ländern vergleicht, liegen – im Verhältnis zur Landesbevölkerung – Ungarn und Österreich vor Deutschland. An der Spitze bleibt Schweden. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland sogar selbst dann weit zurück, wenn man von den prognostizierten 800.000 Flüchtlingen 2015 ausgeht.
Die Türkei und Pakistan nahmen in ihren Zeltlagern im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Flüchtlinge auf; selbst im Libanon mit seinen nur etwa 4,5 Millionen Einwohnern fanden eine Million Flüchtlinge Zuflucht.
Quellen: tagesschau.de, unhcr.de, bamf.de, FAZ.de
"Können wir uns die Flüchtlinge überhaupt leisten?" JA!
Flüchtlinge zu schützen ist eine humanitäre und völkerrechtliche Verpflichtung, die keiner Kosten-Nutzen-Rechnung unterliegen darf. Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und andere Regelungen verpflichten Deutschland zur Aufnahme von Flüchtlingen. Diese Rechte gehören zu den Grundlagen unseres Rechtsstaats.
Das Bundesfinanzministerium wird dieses Jahr 2 Milliarden Euro und im nächsten Jahr 6 Milliarden Euro im Rahmen der Flüchtlingshilfe zur Verfügung stellen. Der Bundeshaushalt bleibt nach Aussagen des Finanzministeriums trotzdem ausgeglichen, sodass keine neuen Schulden gemacht werden.
Im Vergleich mit anderen Ausgaben fällt diese Zahl weniger gewaltig aus. So belaufen sich die Ausgaben des Bundes zur Schuldentilgung 2015 auf 27 Milliarden Euro; für den Verteidigungshaushalt sind 33 Milliarden vorgesehen und für Sozialausgaben sind es 125,5 Milliarden.
Ein weiterer Aspekt ist jedoch, dass der Sozialstaat und somit wir alle, langfristig von Einwanderung profitieren. Dies belegt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Menschen ohne deutschen Pass zahlen im Schnitt pro Jahr 3.300 Euro mehr an Steuern, als sie an staatlichen Leistungen erhalten. Dies brachte zum Beispiel in 2013 dem deutschen Staat einen Überschuss von 22 Milliarden Euro.
Übrigens: Die Kosten der Bankenrettung werden sich für den Staat auf bis zu 51,8 Milliarden Euro belaufen.
Quellen: bertelsmann-stiftung.de, bundesfinanzministerium.de, de.statista.com
"Flüchtlinge kriegen mehr Geld als Hartz IV-Bezieher!" NEIN!
Für ihre persönlichen Bedürfnisse erhalten Flüchtlinge ein gesetzlich festgesetztes Taschengeld in Höhe von 143 Euro im Monat für Alleinstehende (seit Oktober 2015 kann dies in Sachleistungen geschehen). Alle weiteren Bedarfe werden in Erstaufnahmeeinrichtungen als Sachleistung (Verpflegung, Unterkunft usw.) gewährt. Leben AsylbewerberInnen später in eigenen Unterkünften und müssen Kleidung, Strom usw. selbst bezahlen, erhalten sie zusätzlich 216 Euro.
Die Hartz-IV-Leistung liegt derzeit bei 399 Euro. Erst nach 15 Monaten stehen Flüchtlingen Leistungen auf Niveau der Sozialhilfe zu. Die Höhe der Zahlungen ist im Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt. Flüchtlinge sind also definitiv nicht besser gestellt als BezieherInnen von Hartz IV.
Quelle: bamf.de
"Das Bildungsniveau ist extrem niedrig!" NICHT UNBEDINGT!
Eine vollständige Statistik zum Bildungsniveau von Flüchtlingen gibt es in Deutschland nicht. Ein guter Anhaltspunkt ist aber eine Erhebung unter gut 11.000 TeilnehmerInnen des bundesweiten Förderprogramms Xenos, das Bleibeberechtigte und Flüchtlinge ohne gesicherten Aufenthalt auf dem Arbeitsmarkt unterstützt.
Demzufolge haben 87 Prozent der Befragten eine Schule besucht, fast zwei Drittel davon länger als neun Jahre, knapp ein weiteres Drittel mindestens fünf Jahre. Immerhin rund 10 Prozent der Befragten haben ein Hochschulstudium abgeschlossen, 42 Prozent haben in ihrem Heimatland eine Berufsausbildung gemacht.
Hinzu kommt, dass die meisten der Flüchtlinge relativ jung sind, was das Lernen entsprechend erleichtert. Viele Flüchtlinge sind darüber hinaus hoch motiviert.
Das Institut der deutschen Wirtschaft bestätigt, dass das Qualifikationsniveau der Menschen mit Migrationshintergrund stetig steigt. Hatten im Jahr 2005 nur 14 Prozent der ZuwandererInnen einen Hochschulabschluss, waren es 2014 bereits mehr als 25 Prozent. Auch Deutsche mit direktem Migrationshintergrund haben häufiger studiert: Der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit Hochschulabschluss stieg im selben Zeitraum von 8 auf 15 Prozent.
Hinweis: Eine Berufsausbildung, wie sie in der Bundesrepublik existiert, gibt es außer in Österreich und in Teilen der Schweiz noch nicht einmal in Europa, geschweige denn weltweit. Trotzdem besitzen fast alle Flüchtlinge berufliche Erfahrung und Kenntnisse.
Quellen: zeit.de, tagesschau.de, iwkoeln.de