Annehmen oder nicht annehmen? Über diese Frage diskutierte die 25-köpfige Tarifkommission aus Betriebsräten der Systemgastronomie lange und engagiert, als der finale Vorschlag des Schlichters endlich auf dem Tisch lag. Der Schlichter, Dr. Harald Wanhöfer, der nach drei ergebnislosen Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft NGG und dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) beim Aufeinandertreffen in München helfen sollte, zu einem für beide Seiten tragbaren neuen Tarifvertrag zu kommen, hatte von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite deutliche Zugeständnisse eingefordert.
Das Positive überwog
Schlussendlich überwog aus Sicht der NGG-Tarifkommission das Positive am vom Schlichter vorgelegten Kompromiss und sie hat sich für die Annahme ausgesprochen: Alle 120.000 Beschäftigten bei McDonald’s, Burger King, Starbucks, Nordsee und Co. bekommen in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld. In der Tarifgruppe 2 gibt es zum Beispiel spätestens am 1. Dezember 2023 mindestens 440 Euro pro Monat mehr. Auch das Hauptziel, der als Fast Food Workers United zusammengeschlossenen NGG-Mitglieder, von „12 Euro Mindestens“ wurde erreicht – wenn auch deutlich später als gefordert. In der Tarifgruppe 2, in die alle Beschäftige nach einem Jahr im Betrieb automatisch rutschen, müssen ab dem 1. Dezember 2023 mindestens 12 Euro pro Stunde bezahlt werden. Ein Ziel, das ohne den Einsatz der Fast Food Workers United in zahlreichen Warnstreiks und öffentlichen Aktionen nicht hätte erreicht werden können.
Über die ganze Laufzeit des neuen Tarifvertrags hinweg, steigen alle Löhne und Ausbildungsvergütungen ab dem 1. Juli 2020 und bis 30. Juni 2024 um beachtliche 27,7 Prozent. Der Abstand zum gesetzlichen Mindestlohn bleibt dank eines „Abstandsgebotes“ auch in Zukunft gewahrt – unabhängig davon, wie sich dieser in Zukunft entwickelt. Im Rahmen der Laufzeit des neuen Tarifvertrages bleibt der Lohn bei McDonald’s, Burger King und Co. so mindestens 20 Cent pro Stunde über dem per Gesetz festgelegten Mindestlohn.
Für jeden Euro kämpfen
Freddy Adjan, Verhandlungsführer auf Seiten der NGG, bezeichnete den Tarifabschluss als „Schritt in die richtige Richtung raus aus dem Niedriglohnbereich“. Es bleibe noch viel zu tun in den kommenden Jahren, um die Arbeitsbedingungen in der Systemgastronomie weiter zu verbessern. Adjan: „Es hat sich wieder gezeigt, dass die Beschäftigten nichts geschenkt bekommen. Wir werden auch weiterhin für jeden Euro mehr hart kämpfen müssen.“ Der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten, schrieb auf Twitter von einem „bemerkenswerten Tarifergebnis“ und einer „deutlichen Aufwertung" der Systemgastronomie, durch die "das gesamte Tarifgitter um fast 28 Prozent nach oben geschoben“ werde.